Randale bei Filmpremiere von St. Pauli-Film –
Filmbösewichter, Sternchen und autonome Chaoten
Von Bruno Almirall
Es sollte eine rauschende Premierennacht werden. Es endete im Chaos…
Als am Abend zur Filmpremiere des Films „Gegengerade – Niemand siegt am Millerntor“, ein Thriller über den Aufstieg des FC St. Pauli im Jahre 2012, im Kantkino geladen wurde, war die Stimmung noch gelassen. Etwas rau vielleicht, aber schließlich hatte man es hier mit dem berüchtigten Kiez-Club - der im Moment mehr durch Manipulationsverdacht und Wettskandale, als sportlichen Erfolg von sich reden macht - zu tun, da wäre ein klassischer roter Teppich ohnehin nicht angemessen gewesen.
Was die Zuschauer, unter ihnen viele Anhänger der autonomen Szene, dann zu Gesicht bekamen, war nichts für schwache Gemüter. In teilweise drastischen Bildern voller Sex und Gewalt, wusste Regisseur Tarek Ehlail (drehte auch den Punk-Film „Chaostage“) das Publikum zu fesseln, aber auch zu schockieren. Besonders die Schlussszene des Films, in der es zu einer Gewaltexplosion seitens der Polizei gegen einen Imbiss kam, ist nur schwer verdaulich. In einer endlos scheinenden Odyssee, wird gezeigt, wie Polizisten grundlos -immer wieder- auf einen alten am Boden liegenden Mann einschlagen. Wem diese Anti-Polizisten-Propaganda noch nicht genug war, der wurde im Abspann des Films noch mit dem Schriftzug „A.C.A.B.“ verabschiedet. In Hooligan- und autonomen Kreisen ein Kürzel für „All Cops Are Bastards“ (Alle Bullen sind Schweine). Nach dem Film gab der Hauptdarsteller Claude-Oliver Rudolph in Interviews noch bekannt, dass er „keine Lust auf Polizei“ hätte. So viel dazu…
Mario Adorf und Natalia Avelon "Gegengerade"-Premierenfeier, 15.02.2011, Berlin © 2011 Martin Hentschel |
Im noblen Grand Hotel Esplanade am Lützowufer wurden die Premierengäste mit Kräuterschnaps und Live-Punkmusik der Gruppe „Slime“ empfangen. Ausgelassene Reeperbahn-Stimmung, gepaart mit Berlinale-Glamour – eine seltene, aber gelungene Mischung. Unter den Gästen waren, neben den Schauspielern des Films wie Mario Adorf, Natalia Avelon, Katy Karrenbauer, Vivian Schmitt, Ferris MC und Claude-Oliver Rudolph, außerdem Ben Tewaag, Ralf Richter, Uwe Fellensiek, Mathis Landwehr, Armin Rohde, Frank Kessler, Annemarie Eilfeld und Ex-Handballer Stefan Kretzschmar (der eigentlich Mitglied des mit St. Pauli verhassten FC Hansa Rostock ist).
Doch gegen 01:00 Uhr war es dann vorbei mit der vergnügten Stimmung. Nachdem der Hoteldirektor Jürgen Gangl, durch seine Mitarbeiter alarmiert wurde, dass es zu mehreren Sachbeschädigungen durch die Konzertbesucher gekommen sei und er sich selbst ein Bild davon machte, forderte der Generaldirektor nach eigenen Angaben den Regisseur und Produzenten des Films Tarek Ehlail auf, die Veranstaltung zu beenden. Doch es wurde weiter gefeiert. Bis 01:30 Uhr, als die Musik gestoppt und der Alkoholausschank beendet wurde. Nachdem der Zapfhahn geschlossen war, machten sich etwas mehr als die Hälfte der Gäste auf dem Heimweg. Doch die Chaoten blieben. "Das ist doch alles arrangiert von der Produktionsfirma" meint ein Besucher zu diesem Zeitpunkt. Und fügt hinzu: "Schon damals in Hannover bei der "Chaostage"-Premiere lief das so übel ab". Gegen 02:20 Uhr rückten die Einsatzkräfte an und fanden ein bemitleidenswertes Bild vor: Urinierende Punks, überschwemmte Toiletten, Farbschmierereien, demolierte Einrichtungsgegenstände und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Schaden: ca. 10.000€. 'Bösewicht vom Dienst' Claude-Oliver Rudolph war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Saal. "Keine Lust auf Polizei".
Stefan Kretschmar
"Gegengerade"-Premierenfeier, 15.02.2011, Berlin
© 2011 Martin Hentschel
Ralf Richter & Uwe Fellensiek
"Gegengerade"-Premierenfeier, 15.02.2011, Berlin
© 2011 Martin Hentschel
Mario Adorf
"Gegengerade"-Premierenfeier, 15.02.2011, Berlin
© 2011 Martin Hentschel
Martin Hentschel & Ben Tewaag
"Gegengerade"-Premierenfeier, 15.02.2011, Berlin
© 2011 Martin Hentschel
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